GPX-Daten der Etappe

Grainau ist der ideale Ausgangspunkt, wenn man auf die Zugspitze will. Man ist nur einen Steinwurf vom Eibsee entfernt und nach Garmisch-Partenkirchen sind es nur ein paar Kilometer. Außerdem ist es seit Jahren ein beliebter Startort für Alpenüberquerer. Dennoch ist es nur das zweitschwierigste, im Sommer hier ein Zimmer für nur eine Nacht zu bekommen. Wir hatten rechtzeitig gebucht und kamen im Hotel Garni „Zum Franziskaner“ sehr gut unter. Wir haben ordentliche Zimmer und ein umfang- und abwechslungsreiches Frühstück gehabt. Für unsere Fahrräder gab es eine sichere Unterkunft für die Nacht und auch unser Auto konnten wir direkt vor dem Haus unterstellen.
Das Schwierigste in Grainau ist, einen Parkplatz für ein Auto für eine ganze Woche zu finden. Es gibt einen kostenpflichtigen Platz auf halber Strecke nach Garmisch. Unser geduldiger und hilfsbereiter Hauswirt konnte uns aber tatsächlich einen Tipp geben, wo wir unser Fahrzeug in bewohntem Gebiet kostenlos abstellen konnten. Tatsächlich hatten wir keine Beule, kein aufgebrochenes Fenster und kein Knöllchen, als wir eine gute Woche später zurückkamen.
Im Rückblick wäre auch der gebührenpflichtige Parkplatz völlig in Ordnung gewesen, zumal unser Shuttleservice uns auf der Rückreise genau dort absetzte.

Nachdem es in der Nacht geregnet hatte, machte uns der Morgen Hoffnung. Es tropfte ein wenig, aber die Straße störte sich nicht daran und begann an einigen Stellen bereits abzutrocknen. Zum Loisach-Radweg mussten wir gleich über den Höhengrainpass, mit 50 Höhenmetern und einem Gefälle von bis zu 13 % auf der Trailabfahrt nach Norden eine gute Vorbereitung auf den Blindseetrail hinter Lermoos, unserem Tageshöhepunkt.
Der Höhengrainpass stellt wohl auch so etwas wie eine Klimascheide dar, denn hier im Norden hörte es nun scheinbar endgültig auf zu regnen. Nass wurden wir dennoch. Das Spritzwasser vom Radweg war zudem mit Sand und feinen Steinchen durchsetzt, weil entlang des Radweges ein Graben für die Aufnahme von Kunststoffleitungen vorbereitet wurde. Die schwarzen Rohre lagen auch bereits auf der rechten Seite unseres Weges und wirkten wie lackiert durch den Regen der vergangenen Nacht. Die erfahreneren drei Radfahrer unter uns beäugten sie deshalb misstrauisch und warteten nur darauf, dass sie heimtückisch vor uns den Weg überqueren würden. Als es dann so weit war, waren wir bestens vorbereitet, stiegen ab, hoben unsere Räder über das nur 8 cm hohe Hindernis und fuhren triumphierend unseres Weges. Nicht so Johannes. Er hatte einige Schürfwunden und würde wohl auch ein paar blaue Flecken bekommen. Sein Fahrrad war aber in Ordnung und mit einer solchen Bagatelle konnte man ihm auf keinen Fall den Spaß verderben.

Als wir Griesen erreichten wurden wir übermütig und verstauten am Kiosk beim Bahnübergang unsere Regenjacken unter den Regenhüllen unserer Rucksäcke. Der Betreiberin des Kiosk fehlten noch genau 179 Höhenmeter zu einem besseren Menschen und so ranzte sie uns an, dass wir ihren Kunden den Zugang zur Theke blockieren würden. Wir zählten gründlich nach und kamen übereinstimmend auf Null Kunden im Umkreis von 75 Metern. Dennoch ließen wir geduldig und mit einer vielleicht auch etwas provozierenden Gleichgültigkeit ihre Zurechtweisungen über uns ergehen. Womöglich hatten wir ihr auch noch einen guten Tag gewünscht, bevor wir unseren Weg fortsetzten. In meiner Einbildung murmelte sie jedenfalls noch etwas unverständliches in einer Sprache, die seit dem Ende des dritten Zeitalters in Mittelerde nicht mehr verwendet wurde und kurz darauf begann es wieder zu regnen.

Der Sommer 2019 war der zweite Dürresommer in Folge. Südlich von München fielen in den vier Monaten nur 64% der üblichen Regenmenge. Das überraschende dabei ist, dass diese gesamten 64 % an einem Tag fielen und sich auf ein Gebiet ergossen, dass etwa von Griesen an der österreichischen Grenze bis nach Imst in Tirol reichte. Als würde er die Lebensabschnitte eines Menschen durchlaufen, begann der Regen zaghaft, mit feinen Tröpchen, die sich unbeholfen an einem festhielten und die man von Zeit zu Zeit einfach mit dem Handrücken abwischte.
Kurz hinter Lermoos erlebte er seine Sturm- und Drangzeit. Wir hatten längst wieder die Jacken übergezogen. Auf meinem Navi stand der Regen einige Millimeter hoch. Gut, dass es wasserdicht war.
Tatsächlich war es ursprünglich auch wetterfest. Ich hatte aber inzwischen das Display ausgetauscht und seit dem war es offenbar nur noch beinahe wasserdicht.
Bei unserer Rast an der leider unbewirtschafteten Grubigalm, begann es sich daneben zu benehmen. Die Anzeige zuckte und reagierte nicht mehr auf Berührungen und immer wieder schaltete sich das Gerät schließlich erschöpft aus.
Natürlich verstaute ich es trocken und machte ihm das Leben auch sonst so angenehm, wie man es sich nur vorstellen kann und bereits nach drei Tagen funktionierte es wieder.
In diesen drei Tagen konnten wir immerhin lernen, dass ein Smartphone noch lange kein vollwertiger Ersatz für ein Outdoornavi ist.

Bis zum Einstieg in den Blindseetrail muss man etwa 750 Meter nach oben kurbeln. Das schafft man dank des sehr guten Weges, ohne auch nur einen einzigen Meter zu schieben. Vor der trotz des Regens traumhaften Abfahrt geht es dann immer noch ein paar mal über einige kurze Anstiege. Damit wollte man wohl die Erwartungshaltung der Mountainbiker erhöhen, was in unserem Fall auch gelungen war.
Schließlich gibt es eine vier Kilometer lange Abfahrt mit allem, was das Herz begehrt. Die Wolken hingen unter uns im Tal, überragt von der Zugspitze auf der gegenüberliegenden Seite. Der Weg windet sich über Steinplatten, Schotter, lehmigen Boden durch Rinnen hindurch und an der steilen Böschung entlang und alles war für uns fahrbar. Erst im untersten Teil führt der Trail durch die Bäume und hier waren es die nassen Wurzeln, die uns die Grenzen des physikalisch Möglichen aufzeigten.

Ohne funktionierendes Navi verpassten wir den geplanten Abzweig am Südufer des Blindsees und umrundeten den See deshalb beinahe vollständig, bis wir endlich über die Zufahrt zum Parkplatz zur Fernpasstraße gelangten. Immerhin bescherte uns dieser Umweg einen gemächlicheren Anstieg zur Passhöhe und erwies sich damit als ein Fortschritt gegenüber meiner Planung, die mit einer Schiebepassage verbunden gewesen wäre.

Vom alten Fernpass nach Nassereith hinunter ist es einfach ein schöner Weg ohne nennenswerte technische Herausforderung, jedoch trotzdem mit viel Fahrspaß, Spritzwasser und Dreck.

Nassereith machte seinem Namen alle Ehre.
Wir blieben nicht auf der Via Claudia Augusta, sondern folgten stattdessen dem Gurglbach bis Tarrrenz. So reduzierten wir die geteerten Abschnitte auf ein Minimum und erhöhten gleichzeitig den Mineralgehalt des Spritzwassers.
Dieser Weg lohnt sich aber auch bei schönem Wetter, weil er doch abwechslungsreicher ist als der Fernradweg.

Von Imst nach Zams gelangten wir dann auf dem Inntalradweg, wo man immerhin gut vorankommt. Pünktlich zum Ende der Etappe verirrte sich der ein oder andere Sonnenstrahl durch die Wolken hindurch, was für ein wenig Optimismus für den morgigen Tag sorgte.

In Zams übernachteten wir im Haus Stubenböck, einer gemütlichen Frühstückspension mit der nettesten und hilfsbereitesten Hauswirtin, die man sich nur vorstellen kann.
Wir durften unsere Räder und uns selbst vom größten Schmutz befreien, bekamen unsere Wäsche gewaschen und durften den Heizungskeller zum Trocknen nutzen. Die Empfehlung für unser Abendbrot, das Hotel Jägerhof, war goldrichtig und für den folgenden Tag hat sie sogar noch unsere Plätze in der frühesten möglichen Gondel zum Krahberg reserviert.
Keine Frage, dass wir am nächsten Morgen auch noch ein erstklassiges Frühstück erhielten.

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