GPX-Daten der Etappe

Für uns standen heute 1900 Höhenmeter auf dem Programm, davon allerdings 750 Meter mit der Seilbahn. Die letzte Etappe unserer Touren, das war ein ungeschriebenes Gesetz seit wir 2012 erst mit der Dämmerung in Torbole eingelaufen waren, sollten kürzer und weniger strapaziös sein als die vorangegangenen. Wir waren es den vielen Menschen am See einfach schuldig, als strahlende Helden und mit stolzgeschwellter Brust anzukommen. Wer will schon ausgemergelte Gestalten im Zwielicht der Abenddämmerung am Nachbartisch sitzen haben.

Nach einem kurzen Anstieg aus Sporminore hinaus waren wir wieder am Osthang des Bergrückens, der das Val di Tovel vom Val di Non trennt.
Nachdem wir ausgeruht und ausgeschlafen an den Start gegangen waren, sah der Weg keine Notwendigkeit mehr, uns zu schonen und so ging es ständig bergauf und bergab. Manchmal verwandelte er sich in einen steinigen Trail, manchmal war es ein geteerter Wirtschaftsweg am Rande der Obstplantagen.
Erst als wir die Torrente Sporeggio überquert hatten, endete diese Unentschlossenheit und es ging konstant bergauf. Etwas hinter Maset Sass wurde es richtig steil. Auf betonierten Wegen mit zum Teil 20 % Steigung war es auch im kleinsten Gang ein Kraftakt, im Sattel zu bleiben. Belohnt wurde man damit, oben auf die etwas gemütlicheren Mitfahrer warten zu dürfen.
Diese Bezeichnung war ein wenig ungerecht. Noch gemütlicher hatten es die Mopedfahrer, die uns auch hier noch überlegen lächelnd, häufig sogar im irreführenden Radfahrertrikot von ihren Elektromotoren geschoben, überholten.

Andalo kündigt sich sehr passend mit einem Spielplatz an. Ab hier waren wir im Reich der Spaziergänger und die technische Herausforderung war es jetzt, nicht den Unwillen der Senioren und Hundehalter, der Familien mit ihren Kindern und der in ihre Smartphones versunkenen Jugendlichen durch allzu überraschende Manöver oder zu geringe Distanz hervorzurufen.
Vom See war wie im vergangenen Jahr nur eine mit Schilf und hohem Gras überwachsene Fläche zu sehen. Es mag sein, dass sich darunter noch etwas Wasser verbirgt.

Die Stadt selbst begrüßt einem mit einem riesigen Angebot an Freizeitanlagen. Es gibt einen Pumptrack für Mountainbiker, eine Kletterwand, Boule- und Tennisplätze und alle nur vorstellbaren weiteren Attraktionen für Menschen jeden Alters und jeden Geschmacks. Die Gebäude, die wir entlang der Straßen sahen, waren alle bis an die Schwelle zum Kitsch herausgeputzt und dürften wohl alle in irgendeiner Form dem Tourismus gewidmet sein.
Der Ort wirkte überlaufen und scheidet für mich als Etappenziel für eine Transalp, auf der man ja unter anderem auch dem Trubel der Ebene entkommen möchte, aus. Ich nehme es dem Ort auch nicht übel, dass er mich als verschwitzten Gast mit kleinen Ansprüchen für nur eine Übernachtung eigentlich auch nicht haben möchte.

Elf Minuten und 700 Höhenmeter nachdem man die Gondola Doss Pela betreten hat, und über die gepflegten Bikeparktrails hinweggeschwebt ist, ist man in einer anderen Welt.
Die Schneekanonen und Lifte warten auf kältere Tage und die Fangnetze und ein verwaistes Ristorante hoffen vergeblich auf den nächsten Fang. Was, wenn der Schnee nicht wieder zurückkehrt?

Für uns ging es nun südwärts, zunächst mit einigen unmerklichen Wellen sanft ansteigend bis zu einer kleinen Anhöhe oberhalb der Malga Covelo. Johannes glaubte ein Funkeln, wie es typisch für die Kondenswasserperlen an einem Glas mit eiskaltem Forst-Bier, in der Ferne bemerkt zu haben und tatsächlich konnte man über die Malga hinweg zum ersten Mal die Andeutung des Gardasees sehen.
Bevor die lange Abfahrt beginnen sollte, mussten wir noch eine kleine Senke vor dem Monte Ranzo durchqueren. Der Untergrund wechselte hier und Teile der Strecke führten auch über Trails, die aber wegen des fehlenden Gefälles, später sogar der zum Teil ordentlichen Steigung nur wenig Spaß machten.
Eine Stelle hatte ich auf dem Navi markiert. Es gab einen Aussichtspunkt wenige Schritte neben unserem Track, der einen herrlichen Blick auf die nahezu einen Kilometer unter uns liegenden Stadt Molveno und ihren See samt der dahinter liegenden Bergkette der Brenta-Dolomiten bot. Es gibt eine Legende, nach der der Monte Ranzo nur zu diesem Zweck aufgeschüttet worden war.

Wir verließen den Aussichtspunkt gleichzeitig mit zwei anderen Mountainbikern, die an der nächsten Kreuzung jedoch den bereits abfallenden Weg am Gipfel vorbei wählten.
Ein Fehler, glaube ich!
Als wir nach dem nur noch kurzen und mit wenig Mühe fahrbaren Anstieg am Gipfelkreuz ankamen, wurden wir bereits von einem wunderbaren 360°-Panorama erwartet. Im Südosten überschaut man das Valle dei Laghi mit dem bereits nahen Lago di Toblino und dem kleinen Lago di Lagolo am Hang des Monte Cornetto, der einem den Blick auf das Etschtal versperrt. Weiter nach Norden kann man hinter Siedlungen, Hügeln und Plantagen Trento im Dunst erahnen und im Westen erstreckt sich das Brentamassiv.
Für uns in Fahrtrichtung, also im Süden konnte man nun bereits deutlich den Brione-Felsen und den Gardasee bei Torbole erkennen und die Aussicht war, es würde fast nur noch bergab gehen.

Der Monte Ranzo ist ein grüner Berg. Am Gipfel gibt es noch üppig Gras und einige niedrige Kiefern.
Bis zur Vereinigung mit dem Weg, den die beiden anderen Biker genommen hatten, fuhren wir auf Gras, hier und da mit glatten Steinplatten durchsetzt.
Hinter der Kreuzung wurde es dann steil und der Untergrund bestand aus Betonplatten mit einem groben Profil, das uns tüchtig durchschüttelte, bis wir schließlich einen langen geteerten Abschnitt in Richtung Margone erreichten.

Man hätte weiter oben bereits auf einen S4-Trail nach links abbiegen können, aber die Aussicht, die Räder vielleicht den Berg hinuntertragen zu müssen, hielt uns noch eine Weile auf der Beton und Teer.
Die letzten drei Kehren schnitten wir schließlich doch ab. Der Trail war steil und steinig und eine willkommene Abwechslung nach der langen Rollpassage.
Im Ort Margone bogen wir falsch ab, was einem hilfsbereiten Einheimischen die Gelegenheit verschaffte, uns hinsichtlich der weiteren Route zu beraten.
Den von uns geplanten S3-Trail zur Straße hinunter hielt er für unfahrbar und uns hielt er offensichtlich für belehrbar. In beidem hatte er sich geirrt.
Fairerweise muss ich zugeben, dass wir schon das eine oder andere Mal vom Rad mussten und die Abfahrt wirklich schwierig und unglaublich ruppig war. Aber wir haben unsere Grenzen wieder ein klein wenig weiter hinaus geschoben und so war unsere Entscheidung im Nachhinein richtig.

Ranzo erreichten wir über den hübschen Sentiero di San Vili, der uns einen Kilometer auf der kaum befahrenen Straße ersparte. Dort bogen wir auf die steile Strada Vecchia per Toblino ein. Mit etwas mulmigem Gefühl jagten wir auf frischem heißem Asphalt talwärts, immer in Sorge, dass unsere Reifen der Temperatur nicht standhalten wurden.
Schließlich stießen wir auf die Teermaschine, wo uns die Straßenarbeiter signalisierten, wir dürften ruhig auf der noch dampfenden Fahrbahn weiterfahren.
Wir entschieden uns, den hier beginnenden Trail auszuprobieren, der viel weiter unten wieder auf die Straße trifft und auch das erwies sich als eine gute Wahl.
Der Trail selbst ist nicht sehr schwer zu fahren, vereinzelte Felsbrocken und aufdringliches Wurzelwerk zwangen uns dennoch gelegentlich vom Rad. Für Johannes, der sein Mountainbike offenbar weniger liebte als wir, waren das Hindernisse auf dem Weg zu seinem wohlverdienten kalten, frischgezapften Forst und so überrollte er alles, was ihm in die Quere kam. Unten musste er schließlich doch auf uns warten.

Vom Lago di Toblino zum Gardasee fährt man auf wunderbar gepflegten Radwegen, die einfach kein Ende nehmen wollen. So dauerte für uns der Zieleinlauf mehr als eine Stunde und obwohl es im Grunde bergab ging, blieb man stehen, wenn man nicht weitertrat.
Hans genoss es dennoch und wenn man ganz dicht an ihn heranfuhr kristallisierten seine Gedanken kaum hörbar zum Triumphmarsch aus Verdis Aida.

Auch am Gardasee wurden wir bereits erwartet.
Der freundliche und riesengroße Mann musste wohl schon einige Stunden am Seeufer auf und ab gegangen sein, bis wir ihn nach einigen Bieren endlich bemerkten.
Mit einer Videoaufnahme aus dem vergangenen Jahr konnten wir belegen, dass es wir waren, auf die er unbewusst wartete. Damals hatte er unser Zielfoto gemacht und man konnte seine Erleichterung förmlich spüren, als er auch in diesem Jahr den Auslöser der Kamera betätigte und unserer Transalp einen ästhetischen Abschluss bescherte.

Helmut, Hans, Johannes und ich waren dabei zusammen 223 Jahre alt, das ergibt einen Durchschnitt von etwa 56 Jahren.

Gewohnt haben wir im Hotel Orchidea, wo es uns an nichts fehlte und wir zum sehr frühen Abreisetermin am Sonntag trotzdem ein ordentliches Frühstück erhielten.

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