GPX-Daten dieser Etappe

Bei strahlendem Sonnenschein hatten wir einen herrlichen Fernblick vom Kronplatz. Der lange Aufstieg hatte sich gelohnt. Fast 10 Minuten hatten wir für die etwa 1250 Höhenmeter gebraucht.
Olli hatte seine Aufzeichnung bereits im Tal begonnen, sodass uns am Ende des Tages von seinem Navi gute 3000 Höhenmeter bescheinigt wurden. Respekt!

Vom Kronplatz aus sieht man alles.

Als wäre es noch nötig, hat man auf dem höchsten Punkt des Plateaus einen Aussichtsturm errichtet. Ein Besuch lohnt sich aber allemal, erfährt man doch dort, was man in der jeweiligen Blickrichtung erkennen kann.

Wir hatten uns längst nicht sattgesehen, unsere Fahrräder begannen aber langsam zu murren. Denen hatten wir den Trail hinunter zum Furkelpass schmackhaft gemacht und nun sollte es also auch endlich losgehen.
Ein kleines und potenziell völlig unbedeutendes Detail möchte ich nicht verschweigen: Johannes musste etwas Luft nachpumpen. Sein Hinterrad, das nach der Anreise nach Gries bereits platt gewesen war, verlangte einige zusätzliche Hektopascal.

650 Höhenmeter auf 5 Kilometer lautet die mathematische Beschreibung des Furcia-Trails. Wobei das sehr oberflächlich ist. Eine gewissenhaftere Beschreibung würde noch die Zahl der Wendepunkte nennen: Wenn es einer mehr wäre, wären es unendlich viele.

Der Beginn des Trails ist gut markiert und Hans und ich stürzten uns auch gleich in die Abfahrt. Obwohl es noch einigermaßen flach ist, kann man schon sportlich durch die ersten Anlieger fahren und wir waren sofort begeistert. Dort, wo nach der sechsten Kurve der Trail einen Wirtschaftsweg überquert, warteten wir auf die Anderen, die jedoch aus einer völlig unerwarteten Richtung kamen. Offenbar hatten sie eine Abkürzung gefunden, die ihnen die lästigen Kurven ersparte.
Absatz 7 auf Seite 34 der Gebrauchsanweisung für Bikeparks stellte eindeutig klar, dass das Anliegen beim Anlegen von Anliegern in Bikeparks darin besteht, Nutzer vom Nutzen des Benutzens dieser etwas überhöhten Kurven zu überzeugen. Das war wohl einleuchtend. Jedenfalls verließ außer Helmut niemand mehr den angelegten Trail.
Die Überhöhung der Kurvenaußenseite ist auf diesem Trail oft nicht so stark, was ihm an einer Stelle zum Verhängnis wurde. Der Sturz hatte heftig an seinem linken Bein, nicht aber an seiner Laune und seiner Unternehmungslust gekratzt. Nur wenig mehr als ein Liter Octenisept genügten, um seine Wunde zu reinigen, bevor es weiterging.

Der Trail ist insgesamt nicht schwer zu fahren. Man muss ein wenig Mut fassen, die Kurven auch einmal etwas schneller zu durchfahren, damit man die oft folgenden kurzen Gegenanstiege hinaufrollen kann. Diese speziellen Kurven sind aber allesamt so stark überhöht, dass kaum eine Gefahr besteht, über den Rand zu driften.
Der letzte Abschnitt vor dem Furkelpass war steil und mit allerlei losem Holz und Gestein verdreckt. Das war für mich die kritischste Stelle, die aber heute kaum noch in diesem Zustand sein dürfte.

Die optimale Lösung wäre, nun sofort mit dem Anstieg zum Kreuzjoch zu beginnen. Am wenigsten Höhenmeter hat man aber zu überwinden, wenn man noch einmal ein ganzes Stück in Richtung San Vigilio hinabrollt und an der Piste unter der Miara Gondola mit dem Aufstieg beginnt. Der Weg dorthin verlief für uns durch ein kurzes Waldstück, über frisch deponierten Abfall vom Entasten kurz zuvor gefällter Bäume und den weitaus größeren Rest des Weges auf Teer.

Gerüchte besagen, dass Chuck Norris dereinst, auf dem Gipfel seiner Leistungsfähigkeit, nur die letzten 200 Meter vor der Passhöhe schieben musste. Das Chuck-Norris-Gen war in keinem von uns übermäßig stark ausgeprägt und so kurbelten wir immer wieder einmal einige Höhenmeter, um dann, nach Luft japsend, ein mindestens gleich großes Stück zu schieben.
Die durchschnittliche Steigung beträgt 14 Prozent und nach zwei Stunden ist man oben. Dabei sind 15 Minuten für touristische Zwecke wie Fotografieren und Staunen berücksichtigt.
Linker Hand wird man übrigens vom Piz da Peres begleitet, den man vom Kronplatz aus von der anderen Seite sehen kann.

Der Anstieg gestaltete sich etwas mühsamer als der zum Kronplatz, die Aussicht war vergleichbar und für einen längeren Aufenthalt gab es eine Rechtfertigung zusätzlich. Wenn Ihr dort ankommt, wisst Ihr, was ich meine!

Wie 2014 wählten wir auch wieder den Trail durch das Lärchental. Die Vermeidung der S3-Abfahrt über die Hochalmhütte war nur einer der Gründe. Wir hatten uns extra für diese Abfahrt zum Kreuzjoch hinauf geschunden und eine Alternative kam gar nicht infrage. Zunächst folgt der Weg dem Hang und verliert bis zum Abzweig unterhalb des Grünwaldjochs nur wenig an Höhe. Oft ist er talwärts mit Holzpflöcken und -balken abgestützt. Das macht ihn etwas breiter und verhindert vor allem, dass der feinkörnige Belag weggespült wird.
Einige kurze Gegenanstiege bewältigt man mit etwas Schwung auch im Sattel. Aus touristischen Gründen sollte man aber trotzdem hier und da anhalten und das Panorama genießen.
Einen Zwangstopp bekamen wir von einer Mure verordnet, die diesen Weg wohl auch einmal ausprobieren wollte, ihn aber langweilig fand und auf kürzestem Wege zum Einsterbach hinunter weiterzog. Die mehr als zwei Meter tiefe Schneise, die sie hinterließ, mussten wir mit Mühe und weit unterhalb unseres eigentlichen Weges durchqueren.

Am Wegweiser zweigt nach links der steilste Teil des Trails ab. Mit durchschnittlich 25 Prozent Gefälle geht es ruppig über Steine und Wurzeln, manchmal auch über lose Erde, wo die Reifen nur schlecht Halt finden. Die Fahrspur ist nur sehr schmal und abseits davon ist an Fahren nicht zu denken.
2017 konnte ich das alles fahren. In diesem Jahr waren meine Nerven oder der Weg schlechter und ich schob vorsichtshalber einige besonders schwierige Passagen.

Nach etwa anderthalb Kilometern wird der Untergrund besser. Schotter überdeckt die Löcher und ebnet die Absätze am offen liegenden Fels etwas ein. Jedoch wird der Schotter zusehends tiefer und zum Vorwärtsrollen kommt immer eine seitliche Driftbewegung, die man in einem erschreckenden Umfang tolerieren muss. Wäre es hier weniger steil, man würde einfach im Schotter stecken bleiben.

Langsam gesellen sich Grashalme zum Schotter und der Boden wird tragfähiger. Bald tauchen die ersten Rinder auf und man ist im Grünwaldtal. Abgesehen von Wanderern gibt es nun keinen Grund mehr, zu bremsen.
Das Grünwaldtal hatte sich verändert. Die große Schwester der Mure, deren Weg wir weiter oben gekreuzt hatten, hatte sich offenbar hier zur Ruhe gesetzt.
Hier musste sich ein ganzer Berg in Schotter verwandelt haben. Zwar gab es wieder Wege, aber man fühlte sich wie auf einer Autobahnbaustelle.

An der Grünwaldalm, wo man gut eine Mittagspause machen kann und sollte, war es damit vorbei. Wir hatten Spaghetti mit Riesengarnelen aus dem Pragser Wildsee, Sonne, Weizenbier und eine himmlische Ruhe, die nur gelegentlich von anderen Gästen und von Johannes Fahrrad durchbrochen wurde. Offenbar wollte es weiter und machte sporadisch mit einem „Pssst…“ darauf aufmerksam.

Der Pragser Wildsee hatte sich auch in diesem Jahr für uns herausgeputzt und erneut zogen wir nur widerwillig weiter…

Durch das Val di Braies rollten wir wieder den wunderbaren Weg südlich des Rio Braies hinab. Eine weitere Mittagspause wäre zwar nett gewesen, hätte aber den langen Anstieg zu den Plätzwiesen hinauf mitgeschleppt werden müssen. Also übten wir uns in Askese und kurbelten gemächlich die Teerstraße hinauf, die ab der Mautstelle Ponticello acht Kehren braucht, bis sie am Parkplatz oben endlich aufgibt und einem breit ausgebauten festen Wirtschaftsweg weicht.
Wir hatten es nicht eilig und genossen ein wenig die Landschaft. Nur Johannes wurde scheinbar von seinem ungeduldigen Fahrrad vorangetrieben und wartete bereits einige Stunden auf uns, bevor wir uns an der Dürrensteinhütte für ein Zielfoto in Szene setzen konnten.
Es war lange unklar, ob die Hütten nach den harten Corona-Beschränkungen überhaupt Gäste würden aufnehmen können. Evi, so heißt die Hüttenwirtin, verlor niemals ihren Optimismus, hielt unsere Reservierung aufrecht und bewirtete uns auf das allerbeste in der wahrscheinlich schönsten Alpenhütte, die ich kenne.

Und wenn man dann das Panorama außerhalb der Hütte betrachtete, musste man anerkennen, dass es sowohl den Kronplatz als auch das Kreuzjoch deutlich übertraf.

In einer anderen Wirklichkeit sind wir einfach dort geblieben.

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