GPX-Daten zur Etappe

Den Passo di Verva wollten wir 2012 schon fahren, gerieten aber gegenüber unserer Planung in so großen Rückstand, dass wir die Abkürzung im Tal nach Le Prese wählten. Heute würde es keine Ausrede geben.
Außerdem wollte ich eine etwas entschärfte Variante zum Mortirolo ausprobieren.

Der Tag begann mit blauem Himmel und einer ungemütlichen Kälte: Langehosenwetter!

Es gibt tatsächlich einen „Passo Torri di Fraele“. Für uns lag er unmittelbar vor den beiden Türmen, die für seinen Namen verantwortlich sind, und mutete uns 20 Anstiegsmeter zu.
Vom Valdidentro sind es 600 Meter mehr. Die Straße ins Tal hinunter nach Isolaccia lockt mit ihren 17 engen Kehren. Mehr als drei davon würden wir jedoch nicht fahren.
Über die Kehren hinweg sieht man die Cima de Piazzi, 3439 m hoch, mit einem ordentlichen Gletscher.

Den Weg nach Arnoga hinter der dritten Kehre kannten wir aus früheren Alpenüberquerungen bereits sehr gut.
Begleitet von der Cima de Piazzi legt man ohne nennenswerte Höhenunterschiede bis dahin etwa 15 Kilometer zurück.
In Arnoga muss man sich entscheiden, ob man durch das Val Viola in die Schweiz oder über den Passo di Verva ins Valtellina will.
Den Weg durch das Val Viola sind wir zwar 2019 und 2021 bereits gefahren, und, wer ihn nicht kennt, sollte das unbedingt ändern.

Zum Einstieg in den Passo di Verva geht es nun doch zunächst etwas bergab. Dabei folgt man einem netten Trail, zum Teil baumbestanden, zum Teil felsig am Hang des Monte Foscagno.

Die Brücke über die Torrente Viola Bormina bildet den tiefsten Punkt. Der Anstieg beginnt mit 17 % Steigung über die ersten 400 m. Kies würde hier spätestens beim nächsten Regen weggespült und so ist dieser steilste Abschnitt durch eine Betondecke bei entsprechender Motivation auch im Sattel zu bewältigen.
Durch zwei kurze Plateaus unterbrochen folgen dann ähnliche Abschnitte mit noch 14% und 13%.
Olli und Johannes machten Dehnungsübungen mit ihren Fahrradketten und kurbelten die gesamte Strecke bis oben hinauf.
Wir älteren und vernünftigeren Fahrer widerstanden der Versuchung, schonten Material und Muskulatur und schoben.
Nach etwa der Hälfte der Strecke passiert man das Agriturismo Val Verva und von hier an ist das Fahren auch betagteren Bikern wieder erlaubt.

Die Berge zur Rechten, also im Westen bilden vom Val Viola aus gesehen die monumentale Bergkulisse des Val Dosdè.

450 Höhenmeter und gut eine Stunde später hatte ich die fünfeinhalb Kilometer zum Übergang ins Valtellina geschafft. Johannes und Olli warteten im Windschatten eines Felsens. Es war immer noch kalt.

Obwohl es vom Pass bis zum kleinen Ort Eita genauso steil ist wie zuvor, ist man doch wesentlich schneller an seinem Ziel. 15 Minuten reichen, wenn man auf Sightseeing verzichtet.
2010 gab es hier oben ein Treffen mit historischen Militärfahrzeugen zur Erinnerung an den 1. Weltkrieg. Ein Gedenkstein am Wegesrand erinnert daran.
Kristallklares Wasser, verstreutes Wasser, wenn man dem Namen des kleinen Teiches folgt und ein Instagramm-Felsen lohnen einen weiteren Stopp.
Ein schmaler Durchlass gibt schließlich den Blick nach Eita und ins noch ferne Valtellina frei.


Trotz des Windschattens zwischen dem Rifugio Eita mit seiner Kapelle und dem markanten Glockenturm und einer etwa hüfthohen Mauer zum Tal hin war es schwierig, eine halbwegs vernünftige Körpertemperatur zu erreichen. Immerhin hat man einen wunderbaren Ausblick über das Tal des Roasco bis zu den Hängen des Mortirolo jenseits des Valtellina.

Im Grunde kann man unsere Route auch mit einem geländegängigen PkW fahren.
Ab Eita benötigt man nicht einmal mehr das. Bis nach Grosio gibt es nun eine geteerte Straße.
Meine ursprüngliche Planung, einen Gegenanstieg hinter Eita in Kauf zu nehmen und dann den Grosina-Trail zu wagen, scheiterte an unserem Ehrgeiz.
Den Mortirolo noch vor uns und einen steilen Anstieg hinter uns, war die Verlockung, nach Grosio hinunter zu rollen und uns dort bei hoffentlich sommerlichen Temperaturen im Biergarten mit einem Teller Spaghetti Carbonara und einem Weizenbier verwöhnen zu lassen zu groß.
Nicht weit unterhalb des Ortes gibt es drei Spitzkehren. Hier sollte man kurz anhalten und den Blick zurück und zur Cascada della Pirla unterhalb des Plateaus, auf dem Eita thront, zu genießen.

Es wurde wärmer. Wir merkten das daran, dass die zahllosen Fahrradfahrer, die uns entgegenkamen trotz ihrer sommerlichen Bekleidung sichtbar schwitzten.

Die Abfahrt verführt dazu, das Bike ausgiebig rollen zu lassen. Als verkehrsberuhigende Maßnahme hat man hier im Tal links und rechts der Straße überall touristische Highlights platziert und bevor man wirklich schnell geworden ist, muss man für einen Ausblick oder ein Foto auch schon wieder bremsen oder anhalten.

Über den Stausee des Roasco hinweg kann man noch den Sasso Maurigno oberhalb von Eita sehen. Ein herrlicher Anblick.
Ebenso wie der kleine See mit Wasserfall hinter der alten Staumauer unterhalb des Ortes Fusino.
Wie immer können Bilder die Eindrücke während einer Tour nur wachrufen, nicht aber wirklich wiedergeben. Mein Rat also: Obwohl die Abfahrt keine besonderen Ansprüche an die Fahrtechnik stellt, ist sie ein Höhepunkt unserer Alpenüberquerungen gewesen und Ihr solltet unbedingt selbst hier vorbeikommen und all die Bilder einsammeln, die hier nicht gezeigt werden.

Kurz vor Grosio haben wir die Straße für einen Trail, eine Fortsetzung des Grosina-Trails, doch noch einmal verlassen.
Der Trail geht in einen wunderbar angelegten Radweg über, außen für die Optik grob gepflastert, innen mit großen Steinplatten für erschütterungsfreies Abrollen perfekt hergerichtet.

Im Tal war es wunderbar warm, fast windstill und das Albergo Dosdè erwartete uns mit leckerer Carbonara und alkoholfreiem Weizen im Biergarten an der Straße.

Klingt nach einem perfekten Ende der Etappe. Das musste sich jedoch noch eine Passüberquerung lang gedulden.

Von Mazzo di Valtellina zum Mortirolopass sind es 12 km mit einer durchschnittlichen Steigung von 11% bei einem Höhenunterschied von 1310 m.
Von Vernuga bei Grosio aus sind es nur noch 1150 Höhenmeter auf einer Länge von 14 km, also nur gut 8% Steigung.
Bei Kehre 8 treffen die beiden Routen aufeinander. Die letzten verbleibenden 7 Kehren sind also in beiden Fällen identisch.

Der Anstieg sog uns die Kraft aus den Beinen. Egal auf welchem Weg, ohne Zähne zusammenbeißen geht es nicht.

Bei Kehre 4 passiert man das Rifugio Antonioli, Hier haben wir 2019 übernachtet. Meine Anfragen für dieses Jahr wurden leider nicht beantwortet.

Das Hochgefühl auf diesem legendären Berg anzukommen ist an sich bereits eine angemessene Belohnung.
Wir fügten dem eine weitere hinzu. Bei Bilderbuchwetter genossen wir unser Finisher-Bier am Rifugio al Lago del Mortirolo.
Vorspeise und Hauptspeise zum Abendbrot hätte uns beinahe überfordert. Aber alles war so perfekt zubereitet, dass Reste machen einfach nicht infrage kam.

Vom Pass zum Rifugio sind es nach einer kurzen Abfahrt noch einmal ein Paar Höhenmeter. Die schafft man mit den reichlich ausgeschütteten Endorphinen aber mühelos.