
Gerhard und Hans hatten am Valparolapass übernachtet und brauchten eigentlich nur zur Talstation des Cinque-Torri-Lifts abzurollen. Das waren etwa sechs Kilometer und auf der Straße wohl nicht mehr als 10 Minuten.
Vorsichtshalber hatte ich ihnen einen Trail neben der Straße ausgesucht, damit ihr Vorsprung nicht ganz so üppig ausfallen würde. Eine nutzlose Maßnahme, da die beiden bereits starteten, bevor die Sonne über den Horizont und das Thermometer über den Gefrierpunkt gestiegen war.
Die matschigen Trails neben der Straße waren wohl auch nicht einladend genug und so blieb ihnen am Ende nicht übrig, als mehrere Kaiserschmarren lang an der Averauhütte auf uns zu warten.
Sigurd, Helmut und ich begannen unsere Etappe bei leichtem Regen aus tief hängenden Wolken. Die herrliche Bergkulisse um den Misurinasee herum blieb uns also verborgen und ich verstaute missmutig meine Kamera.
Entlang der Straße zu dem Tre Croci Pass gabe es ohnehin keine lohnenden Fotomotive und wir gerieten bald in einen Trott, der uns zwar einigermaßen zügig voranbrachte, aber in meiner Erinnerung keine Spuren hinterlassen hat.
Hinter der Passhöhe sind wir einige Abschnitte neben der Straße auf einem möglicherweise ganz netten Trail gefahren. Inzwischen hatten wir es aber eilig, wussten wir doch, dass wir am Rifugio Averau erwartet wurden.
Eine eingestürzte Brücke zwang uns zu einem kleinen Umweg und erhöhte den Zeitdruck.
Wenn man von Cortina zur Talstation der Cinque Torri Seilbahn aufsteigen möchte, ist es möglicherweise nicht die beste Idee, die Gondel zum Col Drusciè zu benutzen. Man spart zwar etwa 350 Höhenmeter, quält sich dafür aber ab der Tofanapiste über matschigen Boden und extrem steile Anstiege, während man sich quer zum Hang auf die Falzarego-Passtraße zubewegt.
Ich bin diese Route inzwischen dreimal gegangen und es sah jedesmal so aus, selbst, wenn es ansonsten trocken war.
Eine Alternative könnte der Bus von Cortina aus sein. Wenn Platz ist, nehmen die auch Fahrräder mit.
Auch die Auffahrt auf der Passstraße selbst erscheint mir inzwischen attraktiver. Man darf sich nur nicht am Straßenverkehr und den gelegentlich bekloppten Motorradfahrern stören.
Vom Rifugio Scoiattoli an den Cinque Torri sind es noch 160 steile Höhenmeter bis zur Averauhütte. Normalerweise wird man aber dafür mit einem unvergleichlichen Gebirgspanorama belohnt. Mit der Tofana di Rozes im Rücken, den Cinque Torri, Cortina und der Croda di Lago zur Linken und dem Averau und dem Nuvolau vor sich, lohnt es sich eigentlich immer, eine kurze Atempause zu machen und die Umgebung auf sich wirken zu lassen.
Ich bin bei späteren Touren bei besserem Wetter hier vorbeigekommen und kann auf den entsprechenden Seiten auch bessere Bilder anbieten, die ich nicht einfach hier hineinmogeln wollte.
Hans testete bei unserer diesjährigen Tour eine einfache Helmkamera und das nahm mir wohl auch etwas die Motivation, viele Fotos zu machen. Das, was die Helmkamera dafür als Ersatz anbot, war im Grunde für eine Veröffentlichung nicht geeignet.
An der Forcella Nuvolau beginnt die lange Abfahrt nach Colle Santa Lucia. Den größten Teil dieses Weges befindet man sich auf der Strada de la Vena, einem alten Handelsweg, auf dem am Ende des dritten Zeitalters Eisenerz von Colle zu den Elbenschmieden im Norden gebracht wurde.
Gerhard, Helmut und ich kannten den Weg noch von 2011, als wir ihn in die umgekehrte Richtung zurückgelegt hatten. Entsprechend war unsere Vorfreude, ihn nun richtig herum, also bergab, fahren zu können.
Das Beste an diesem Weg ist, dass er einfach kein Ende nehmen will. Im oberen Abschnitt hat man bei klarem Wetter zudem eine unglaubliche Fernsicht mit Marmolada und Sellamassiv und dem grünen Monte Pore, den man im Laufe des Abstiegs umfährt.
Es geht zunächst auf einem schmalen Schotterband durch felsiges Gelände, später über saftige, gelegentlich auch nasse Almwiesen in oft tief eingefahrenen Spuren mit hier und da überraschend auftauchenden kurzen Rampen über nackten Fels oder flache Kalksteinplatten.
Wenn der Weg schließlich zwischen den Bäumen verläuft, ist er meistens breiter und man kann es auch einmal krachen lassen.
Das Meiste ist auch für Anfänger gut fahrbar und wenn man ein wenig Fahrpraxis hat, muss man allenfalls noch absteigen, um das Bike über ein Hindernis zu heben.
Statt direkt zur Straße abzufahren, lohnt es sich, den kurzen aber gemeinen Gegenanstieg zum kleinen Weiler Canazei auf sich zu nehmen und von dort über Wiesenpfade nach Colle hinab zu rollen.
Im Ort Colle gibt es eine verborgene Einfahrt in einen netten Trail hinunter nach Saviner di Laste. Man muss ein wenig aufpassen, dass man nicht in der Garage landet, deren Zufahrt dieser Weg zu sein scheint.
Am Hang entlang geht es sportlich abwärts, wobei man wegen überall verstreut liegenden Steinbrocken immer wieder bremsen und ausweichen muss.
Nach einem kurzen geteerten Abschnitt kann man noch vor der Straße wieder auf den Trail fahren. Ein unscheinbarer Wegweiser oder das Garmin sagt einem, wo.
Die Stollen unserer Reifen hatten wieder all das überschüssige Erdreich auf unserer Route eingesammelt und die Fliehkraft hatte es geschickt über die kritischen Komponenten unserer Mountainbikes verteilt.
Die sich dadurch ergebenden Geräusche und die Aussicht, im nun folgenden Anstieg bestenfalls nutzloses Zusatzgewicht nach Malga Ciapela hinaufzuschleppen bewogen uns zu einer ausgiebigen Pause am hilfreichen Dorfbrunnen im Central Park von Saviner di Laste.
Bis nach Malga Ciapela wäre es stumpfes Kurbeln gewesen, wären wir nicht durch den hübschen Ort Sottoguda und das sich anschließende Serai di Sottoguda gekommen. Beides ist keine Herausforderung für den Radfahrer aber ein echtes Highlight für den Touristen. Besonders die Schlucht, das Serrai, mit den eng aneinander rückenden Felswänden und dem Wasserfall sind absolut sehenswert.
Wir mussten übrigens einen kleinen Eintritt für die Durchquerung der Schlucht bezahlen, aber das war ein Schnäppchen, wenn man bedenkt, mit welcher Mühe das Fräsen dieser Schlucht verbunden gewesen sein muss.
In Malga Ciapela haben wir im Hotel Tyrolia übernachtet, das seinen Schwerpunkt offensichtlich auf den Skitourismus im Winter gelegt hat.