GPX-Daten der Etappe

Offensichtlich war es ein Fehler diese Fahrradtrikots aus hygroskopischem Material nachts auf dem Balkon hängen zu lassen. Sie hatten innerhalb weniger Stunden der Luft im Tal die gesamte Feuchtigkeit entzogen und wabbelten wie ein Vanillepudding, wenn man sie berührte. Immerhin war der Himmel dadurch klar und als wir aufbrachen kam sogar die Sonne durch.
Die Trikots haben wir über einem Straßengraben ausgewrungen und unter den Helmgurten am Rucksack verstaut. In Mayrhofen sind am gleichen Tag, nur wenige Stunden später drei Frösche ertrunken.
Das Tal steigt in Richtung Schlegeisspeicher nur langsam an und eine Alternative zur Straße gibt es zunächst nicht.
Beim Breitlahner muss man die Straße verlassen, kann aber auf dem netten Weg, der den Tunnel umgeht, problemlos im Sattel bleiben.
Sobald man wieder auf der Straße ist, sieht man die riesige 131 Meter hohe Staumauer auf sich zukommen und nach einem kurzen Stück Tunnel ist man plötzlich auf der Mauerkrone.
Der Hochfeiler jenseits des Stausees ist über 3500 Meter hoch. Der Stausee selbst fasst etwa 130 Millionen Kubikmeter Wasser.

Von der Staumauer aus sahen wir bereits den Taleinschnitt, der uns zum Pfitscherjoch führen sollte.
Weil der Schlegeisspeicher mit dem Auto gut erreichbar ist, muss man hier oben mit vielen Wanderern und Spaziergängern rechnen, von denen ein guter Teil auch die 6 Kilometer bis zur Passhöhe nicht scheut. Der Weg befand sich jedoch im unteren Bereich in einem Zustand, der das Fahren praktisch nicht gestattete und wir kamen nicht schneller voran als die Wanderer.
An einer einladenden Stelle rasteten wir, verpflegten uns mit allerlei Köstlichkeiten aus unseren Rucksäcken und genossen das traumhafte Bergpanorama. Solcherart gestärkt stiegen wir auf unsere Räder und kurbelten nun über die großen und weitgehend ebenen Steinplatten bergan. Es war eine Freude, wie leicht ich plötzlich vorankam und erstaunlich, mit welcher Anstrengung Sigurd von hinten mühsam zu mir aufschloss.
„Wo ist eigentlich dein Rucksack“, keuchte er, als er mich fast erreicht hatte.
Es ist erstaunlich, wie schnell sich der Gemütszustand eines Menschen ändern kann. Meine lockere Beschwingtheit wich jäher Panik und in Sigurds Besorgtheit mischte sich vielleicht ein klein wenig Schadenfreude, die ich ihm als Lohn für seine hartnäckige Verfolgungsarbeit natürlich gegönnt habe.
Inzwischen waren die anderen zu uns aufgeschlossen und Sigurd beeilte sich, den anderen die tragische Wahrheit „Andreas hat seinen Rucksack unten liegenlassen“ ohne auch nur den leisesten Anflug von Häme zu eröffnen.
Hans-Jürgen rettete die Situation. „Wieso, den hast Du doch „, sagte er an Sigurd gewandt.
Es ist erstaunlich, wie schnell sich der Gemütszustand eines Menschen ändern kann. Rucksack, Panik und Schadenfreude wechselten also umgehend den Besitzer und Sigurd und ich machten uns auf den Weg, talwärts zurück zu unserem Rastplatz.
Oberhalb von 1000 Metern trifft man nur ehrliche Menschen und Sigurds ebenfalls roter Deuter Rucksack lag unberührt dort, wo ich ihn zurückgelassen hatte.

Wenn man die Lafitzalm passiert hat, fährt man das restliche Stück zur Passhöhe steil auf zum Teil tiefem Schotter.
Am Joch überschreitet man nicht nur die Staatsgrenze nach Italien sondern auch den Alpenhauptkamm. Von hier aus könnte man bis zum Mittelmeer bergab fahren.
Wir gönnten uns erneut eine Rast in 2276 Meter Höhe am Pfitscherjoch Haus. Unseren ursprünglichen Plan, noch über das Pfunderer Joch nach Vintl im Pustertal zu fahren, konnten wir damit vergessen.

Ins Val Di Vizze hinunter kann man das Rad rollen lassen. Es handelt sich dabei um einen Fahrweg, auf dem auch etliche Autos unterwegs sind. Die waren für uns auch der begrenzende Faktor, was das Tempo anging.
Ab St. Jakob fuhren wir auf der Straße, die immerhin so breit war, dass man auch einmal ein Auto überholen konnte.

In Sterzing fanden wir im alten Gebäudeteil des heutigen Garni Färbe eine urige Unterkunft mit den freundlichsten Wirtsleuten und dem besten Frühstück , das man sich nur vorstellen kann.

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